Ein Urteil des Amtsgerichts (AG) Frankfurt wirft Licht auf die Rechte von Personen, die eine Sprachprüfung nicht bestanden haben und gemäß Art. 15 Abs. 3 der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) eine Kopie ihrer Prüfungsarbeit anfordern (AG Frankfurt, Urteil vom 14.03.2023, Az. 31 C 2043/22 (78)).

Was war passiert?

Nachdem eine Frau einen Sprachtest, der auch in Einbürgerungsverfahren Verwendung findet, nicht bestanden hatte, bat sie die Prüfungsanbieterin als Verantwortliche ihr eine Kopie ihrer Prüfungsarbeit zur Verfügung zu stellen. Sie machte damit gemäß Art. 15 Abs. 3 DSGVO ihr Auskunftsrecht geltend.

Die Verantwortliche bot an, dass sich die Teilnehmerin die Prüfungsunterlagen in den Geschäftsräumen angesehen könne, lehnte es jedoch ab, eine Kopie bereitzustellen. Die Kopie wurde seitens der Anbieterin mit dem Argument abgelehnt, dass der Großteil der Arbeit keine personenbezogenen Daten i.S.v. Art. 4 DSGVO enthalte und zudem berief sie sich auf ihr berechtigtes Interesse an Geheimhaltung gemäß Art. 15 Abs. 4 DSGVO.

Unzufrieden mit dieser Antwort reichte die Frau schließlich Klage beim AG Frankfurt ein und verlangte eine kostenfreie Kopie ihrer Prüfungsarbeit aus dem Jahr 2021.

Das Urteil des AG Frankfurt

Das Gericht entschied zunächst, dass die in der Arbeit enthaltenen Antworten der Klägerin und die Kommentare bzw. die Bewertung des Prüfers personenbezogene Daten darstellen, während die Prüfungsfragen selbst keine personenbezogenen Daten sind.

Es wog das Recht der betroffenen Person auf eine Kopie und das Geheimhaltungsinteresse der Prüfungsanbieterin gegeneinander ab. Dabei stellte das Gericht fest, dass die Prüfungsfragen als Geschäftsgeheimnisse i.S.v. § 2 Nr. 1 GeschGehG und als Sprachwerke i.S.v. § 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG geschützt sind. Danach könne die Offenlegung der Prüfungsarbeit das Risiko einer Beeinträchtigung des Einbürgerungsverfahrens und der unternehmerischen Freiheit der Anbieterin mit sich bringen.

Das Gericht kam daher zu dem Schluss, dass die Beklagte als Trägerin der Grundrechte auf unternehmerische Freiheit und geistiges Eigentum (Art. 16, 17 Abs. 2 EUGrdRCh) aufgrund ihres Geheimhaltungsinteresses gemäß Art. 15 Abs. 4 DSGVO die Bereitstellung einer Kopie ablehnen durfte. Es wurde betont, dass der betroffenen Person das Recht gewährt wurde, die Arbeit im Büro der Anbieterin einzusehen.

Kommentar

Art. 15 Abs. 4 der DSGVO gibt folgendes vor:

„Das Recht auf Erhalt einer Kopie gemäß Absatz 3 darf die Rechte und Freiheiten anderer Personen nicht beeinträchtigen.“

Gemäß den Leitlinien des Europäischen Datenschutzausschusses (EDPB) zum Recht auf Auskunft muss der Verantwortliche nachweisen können, dass in der konkreten Situation tatsächlich die Rechte oder Freiheiten anderer beeinträchtigt wären (vgl. Rn. 170 Guidelines 01/2022 on data subject rights – Right of access). Im vorliegenden Fall bestand zwar ein potenzielles Risiko im Zusammenhang mit der Bereitstellung einer Kopie der Prüfung für die Prüfungsanbieterin (Geschäftsgeheimnis), jedoch wurde nicht genau erläutert, wie diese Beeinträchtigung aussieht.

Diese kontroverse Entscheidung wirft ein Schlaglicht auf die Herausforderungen bei der Auslegung und Anwendung der DSGVO. Es zeigt die Bedeutung einer sorgfältigen Abwägung zwischen den Rechten der betroffenen Person und den berechtigten Interessen des Verantwortlichen.

Es bleibt abzuwarten, wie sich die dargestellte Thematik weiterentwickelt und ob zukünftige Gerichtsentscheidungen Klarheit und Präzision schaffen werden. Bis dahin ist es ratsam, dass Unternehmen und Verantwortliche ihre Datenschutzpraktiken sorgfältig prüfen und sich ggf. rechtlichen Rat einholen, um mögliche Unsicherheiten zu minimieren.