Mit dieser Frage beschäftigte sich das Landgericht (LG) Berlin im Januar 2022. Auslöser war das Vorgehen einer Richterin des Amtsgerichts (AG) Berlin. Diese hatte im Rahmen eines Verfahrens, in dem eine Frau Trennungs- und Kindesunterhalt gegen ihren Mann geltend machte, die Wohnadresse bzw. Anschrift der Frau in den Onlinedienst „Google Maps“ eingegeben, um deren Wohnfläche zu ermitteln. Dieses kam im Verlauf des Verfahrens heraus.

Die Frau verklagte daraufhin das AG Berlin: Die Adresseingabe stelle eine Verarbeitung eines personenbezogenen Datums von ihr dar, die auf keine Rechtsgrundlage gestützt werden könne. Zudem sei es dadurch zu einer Übermittlung des Datums an Google in die USA gekommen. Zu diesem Zeitpunkt bestand kein Angemessenheitsbeschluss für das Drittland. Die Klägerin verlangte aufgrund dessen einen Schadensersatz in Höhe von 2.000 Euro. Das beklagte Gericht sah hingegen in der Adresse allein kein personenbezogenes Datum und damit auch keinen Schaden der Klägerin durch die Eingabe dieser Information bei „Google Maps“.

Entscheidung des LG Berlin

In seiner Begründung führte das LG Berlin zunächst an, dass die Umstände der Adresseingabe durch die Richterin nicht mehr rekonstruiert werden konnten:

„Es ist bereits unklar, welche genauen Adressdaten die Richterin bei Google Maps eingegeben hat. Auch wenn bereits die Angabe „…straße, … Berlin“ ausreichen könnte, um dann zu dem entsprechenden Hausgrundstück mit der Nr. … in Google Maps zu „wandern“, mag hier unterstellt werden, dass die Richterin die Daten „…straße …, … Berlin“ eingegeben hat. Doch auch bei der bloßen Nutzung der Anschrift „…straße …, … Berlin“ auf der Website von Google fehlt es an einem personenbezogenen Datum.“ (LG Berlin, Urteil vom 27.01.2022 – Az. 26 O 177/21, Rn. 18)

Das LG Berlin stellte schließlich fest, dass in diesem Fall weder eine Verarbeitung eines personenbezogenen Datums noch eine Datenübermittlung in ein Drittland vorliege:

In der bloßen Eingabe einer (puren) Adresse ist noch kein personenbezogenes Datum zu erblicken. Denn die bloße Adresse ohne Bezugnahme auf eine Person – sei es durch namentliche Nennung, sei es durch die Bezugnahme auf ein diese Adresse betreffendes Eigentums-, Besitz- oder Mietverhältnis o.ä. – stellt keinen hinreichenden Personenbezug dar.“ (LG Berlin, Urteil vom 27.01.2022 – Az. 26 O 177/21, Rn. 20)

Ein Schadensersatzanspruch der Klägerin wurde in der Folge verneint.

Ist es wirklich so einfach?

Das Urteil des LG Berlin klingt im ersten Moment logisch. Bei näherer Betrachtung gesetzlicher Ausführungen sowie der bisherigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wirft die Entscheidung jedoch Fragen auf. Dies gilt im Hinblick auf Situationen, bei denen eine Adresse nur von einer einzigen Person bewohnt wird.

Nach 4 Nr. 1 DSGVO sind personenbezogene Daten definiert als „alle Informationen, die sich auf eine identifizierte oder identifizierbare natürliche Person […] beziehen; als identifizierbar wird eine natürliche Person angesehen, die direkt oder indirekt, insbesondere mittels Zuordnung zu einer Kennung wie einem Namen, zu einer Kennnummer, zu Standortdaten […] identifiziert werden kann“. Erwägungsgrund 26 S. 3 und 4 der DSGVO konkretisiert dahingehend, dass „um festzustellen, ob eine natürliche Person identifizierbar ist, […] alle Mittel berücksichtigt werden“ sollten, „die von dem Verantwortlichen oder einer anderen Person nach allgemeinem Ermessen wahrscheinlich genutzt werden, um die natürliche Person direkt oder indirekt zu identifizieren […]. Bei der Feststellung, ob Mittel nach allgemeinem Ermessen wahrscheinlich zur Identifizierung der natürlichen Person genutzt werden, sollten alle objektiven Faktoren, wie die Kosten der Identifizierung und der dafür erforderliche Zeitaufwand, herangezogen werden, wobei die zum Zeitpunkt der Verarbeitung verfügbare Technologie und technologische Entwicklungen zu berücksichtigen sind.

Sofern unter einer Adresse nur eine Person lebt, dürfte diese anhand ihrer Adresse auch identifiziert werden können. Ein Personenbezug ist grundsätzlich, z. B. mit Zusatzwissen, herstellbar. Dies hängt natürlich vom Einzelfall ab: Bei Adressen von Hochhäusern mit vielen Wohneinheiten und somit vielen Mietern/Eigentümern, ebenso aber auch in Wohngebieten mit Einfamilienhäusern, dürfte durch die Adresse allein noch nicht auf eine bestimmbare Person zu schließen sein.

Der EuGH hat bereits 2016 entschieden, „dass eine dynamische IP-Adresse, die von einem Anbieter von Online-Mediendiensten beim Zugriff einer Person auf eine Website, die dieser Anbieter allgemein zugänglich macht, gespeichert wird, für den Anbieter ein personenbezogenes Datum […] darstellt, wenn er über rechtliche Mittel verfügt, die es ihm erlauben, die betreffende Person anhand der Zusatzinformationen, über die der Internetzugangsanbieter dieser Person verfügt, bestimmen zu lassen(EuGH, Urteil vom 19.10.2016 – C-582/14).

Daraus kann geschlussfolgert werden, dass auch eine Wohnadresse ein personenbezogenes Datum darstellt, sofern eine Stelle über (rechtliche) Mittel verfügt, die Adresse mithilfe von Zusatzinformationen einer bestimmten Person zuzuordnen.

Was ist daraus zu schlussfolgern?

Die Frage, ob ein Personenbezug bei einem Datum vorliegt oder nicht, lässt sich i. d. R. nicht pauschal bewerten. Stattdessen sind die Umstände in jedem Einzelfall bei der Einordnung einzubeziehen.

Exkurs

Die Frage ist übrigens auch auf die Angabe einer Straße oder Postleitzahl zu übertragen, was bspw. in der Marktforschung oder bei der Planung von Werbemaßnahmen eine Rolle spielt: Hier wird teilweise nur die Straße oder nur die Postleitzahl angefragt, um somit dem Personenbezug zu entgehen und eine anonyme bzw. datenschutzkonforme Auswertung zu erreichen. Auch hier könnte diskutiert werden, ob sich aus der Angabe einer Straße ohne Hausnummer oder der Angabe einer PLZ in gewissen „Spezialkonstellationen“ schon ein Personenbezug herstellen lässt, wenn nur wenige Personen in diesem Bereich leben. So wäre an ein Dorf oder eine kleine Insel (bspw. eine Hallig) zu denken. Sodann lassen sich sogar noch weitere Informationen mittelbar aus einer Adresse ableiten, wie z. B. die Wohnverhältnisse je nach Wohngegend, was auch etwas über die wirtschaftlichen Verhältnisse einer Person aussagen könnte – wie eine Anschrift am Starnberger See oder auf Sylt.

Fazit

Verantwortliche sind gut beraten, nicht vorschnell ein Fehlen des Personenbezugs anzunehmen. Sollte dieser gegeben und die Anforderungen aus der DSGVO bei der Verarbeitung nicht umgesetzt sein, sind Sanktionen durch die Datenschutzaufsichtsbehörden oder Schadensersatzansprüche von Betroffenen unter der Prämisse einer rechtswidrigen Datenverarbeitung möglich.