Der seit Jahren anhaltende Auseinandersetzung zwischen der Datenschutzorganisation „none of your business“ (noyb), vertretend durch Max Schrems, und der Meta Plattforms Inc. (Meta) geht in die nächste Runde, nachdem der Internetriese in den vergangenen Jahren bereits einige Rückschläge in Form von Bußgeldern und einer Schlappe vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) verkraften musste (nachzulesen hier und hier). Insbesondere die EuGH-Entscheidung zwang Meta letztlich dazu, sein lukratives Geschäftsmodell – das Ausspielen personalisierter Werbung – umzumünzen und das Tracking für personalisierte Werbung erst nach Vorliegen einer ausdrücklichen Einverständniserklärung durchzuführen und nicht wie zuvor auf die Nutzungsbedingungen zu stützen. Soweit so gut!

„Freie“ Einwilligung zu einem hohen Preis?

Anfang November 2023 dürfte auch den Nutzern der Meta-Dienste die Umstellung aufgefallen sein, denn vor dem Zugriff auf die üblichen Inhalte in der Timeline wurden diese zunächst über ein vorgeschlagenes Banner dazu angehalten, eine Entscheidung über die künftige Nutzung des favorisierten Dienstes treffen. Zur Auswahl standen die kostenfreie Nutzung unter der Zustimmung des personalisierten Trackings, oder aber die werbefreie Nutzung des Dienstes unter Zahlung einer Nutzungsgebühr von bis zu 12,99 € pro Monat. Die erhobene Gebühr bezieht sich dabei auf die Nutzung eines Meta-Dienstes.

Fragwürdiges „Pay or Okay“-Modell

Diese Umstellung und Abfrage durch Meta rief abermals noyb auf den Plan, sich gegen Meta und das eingeführte Abo-Modell aufzulehnen und eine Beschwerde bei der Österreichischen Datenschutzbehörde einzureichen. Aus der Beschwerde lassen sich im Wesentlichen zwei Kritikpunkte herauslesen. Zum einen sieht noyb in der Ausgestaltung des Abo-Modells einen Verstoß gegen geltendes EU-Recht, da Meta mit der Einholung der Einwilligung für das personalisierte Tracking gegen das gesetzliche Kopplungsverbot im Sinne des Art. 7 Abs. 4 DSGVO verstoße. Es fehle daher für das personalisierte Tracking in seinen Diensten eine Rechtsgrundlage, da die Einwilligung zum personalisierten Tracking laut noyb nicht freiwillig eingeholt werden kann.

Zum anderen sei die verlangte Gebühr für die werbefreie Nutzung nach Ansicht von noby unangemessen hoch. Es bestehe die Gefahr, dass Nutzer aufgrund des zu zahlenden Entgeltes, tendenziell unfreiwillig dem personalisierten Tracking zustimmen und auf ihre Privatsphäre verzichten würden, um die Dienste weiterhin wie gewohnt nutzen zu können. Hierzu führt Max Schrems, der Vorsitzender von noyb in der veröffentlichten Pressemitteilung wörtlich aus:

„Wenn nur 3 Prozent der Menschen schwimmen wollen, aber 99,9 Prozent im Wasser landen, weiß jedes Kind, dass das keine „freie“ Entscheidung war. Das ist weder besonders clever noch legal – es ist einfach nur erbärmlich, wie Meta das EU-Recht weiterhin ignoriert.“

Nach Schrems würden 99,9 Prozent der Nutzer einem personalisierten Tracking im Internet zustimmen, dagegen aber nur 3 % bis 10 % tatsächlich personalisierte Werbung zugespielt bekommen. Seine These stützt Schrems dabei auf eine durchgeführte Studie des Gallup Institutes.

Exkurs: Pur-Abo-Modelle (doch) vor dem aus?

Bereits in der Vergangenheit haben wir uns in mehreren Blogbeiträgen (hier und hier) ausgiebig mit dem Thema „Bezahlen mit Daten“ und der Zulässigkeit von Pur-Abo-Modellen befasst und dieses rechtlich beleuchtet. Jetzt stellt sich an dieser Stelle vermutlich dem einen oder anderen Leser die Frage, warum gerade das von Meta umgesetzte „Pay or Okay“-Modell rechtswidrig sein soll, wenn Nutzer grundsätzlich gemäß der Digitale-Inhalte-Richtlinie (diD-Richtlinie) bzw. nach deutschem Recht gemäß §§ 312 ff., 327 BGB frei über ihre Daten verfügen und auch mit ihnen „bezahlen“ können. Eine allgemeingültige Aussage auf die aufgeworfene Frage kann an dieser Stelle nicht abschließend getroffen werden, da es auf die jeweiligen Umstände des Einzelfalls ankommt, etwa die Ausgestaltung der Einwilligungseinholung, die Höhe des verlangten Entgelts für das Abo und ob dem Nutzer dieselben Inhalte bzw. bei einem Dienst möglicherweise dieselben Funktionen zur Verfügung gestellt werden. In diesem Zusammenhang können auch der von der Datenschutzkonferenz (DSK) veröffentlichte Beschluss und die darin beschriebenen Anforderungen berücksichtigt werden.

Fazit & Persönliche Einschätzung

Es darf mit Spannung erwartet werden, wie die österreichische Aufsichtsbehörde auf die Eingabe von noby reagieren und wie die Behörde den Sachverhalt rechtlich einordnen wird. Auch wird sich zeigen, ob und wie sich die Aufsichtsbehörde grundsätzlich zu Metas „Pay or Okay“-Modell positionieren wird. Bereits jetzt steht fest, dass eine weitere Entscheidung für (hoffentlich) mehr Rechtsklarheit sorgen wird. Eine erste Tendenz, in welche Richtung die Entscheidung der Aufsichtsbehörde fallen wird, kann bereits jetzt erahnt werden. Denn die Aufsichtsbehörde hatte sich bereit in einer vorausgegangenen Entscheidung, in der es auch um sog. Pur-Abo-Modelle ging, dahingehend geäußert, dass diese Art von Geschäftsmodellen nicht per se als unzulässig zu bewerten sind. Wir halten Sie auf dem Laufenden.

Da es sich bei der Eingabe durch noby um ein Dringlichkeitsverfahren gemäß Art. 66 Art. 1 DSGVO handelt, kann damit gerechnet werden, dass bereits zeitnah eine Entscheidung durch die Aufsichtsbehörde getroffen wird. Wobei unter Berücksichtigungen des Gesamtumstandes nicht davon auszugehen ist, dass die Aufsichtsbehörde einstweilige Maßnahmen gegen Meta treffen wird, um die potenziell rechtswidrige Datenverarbeitung zu unterbinden oder sogar ein Bußgeld verhängt.

Ein wesentlicher Grundsatz, welcher unabhängig vom Ausgang des Verfahrens stets zu gelten hat: Das Recht auf Privatsphäre und Datenschutz ist unverhandelbar und muss jederzeit und gleichermaßen für Alle gelten!