Ist eine Videoüberwachung von Trainingsflächen im Fitnessstudio aus datenschutzrechtlicher Sicht möglich? Zu dieser Frage äußerte sich das Landesamt für Datenschutzaufsicht (BayLDA) in seinem 11. Tätigkeitsbericht 2022 unter Bezugnahme auf das am 23.02.2022 ergangenen Urteil des VG Ansbach (Az.: AN 14 K 20.00083).

Im konkreten Fall ging es um eine permanente Videoüberwachung während der gesamten Öffnungszeiten auf allen Trainingsflächen inklusive Thekenbereich in einem Fitnessstudio. Als Zweck für die Videoüberwachung wurde die Prävention und ggf. Aufklärung von Diebstählen und Sachbeschädigung sowie Schutz vor sexuellen Übergriffen aufgrund fehlender Mitarbeiter genannt.

Die mit der Videoüberwachung verbundene Datenverarbeitung stellt einen erheblichen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Trainierenden dar. Eine Rechtsgrundlage für diese Datenverarbeitung liegt nach Ansicht des BayLDA und des VG Ansbach nicht vor, sodass die Videoüberwachung von Trainingsflächen im Ergebnis mit der Datenschutzgrundverordnung nicht vereinbar ist und damit als unzulässig bewertet wurde.

Konkludente Einwilligung

Eine Einwilligung nach Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. a) DSGVO wurde durch die Trainierenden gerade nicht erteilt, da die datenschutzrechtlichen Anforderungen nicht vorliegen. Nach Art. 7 DSGVO und Art. 4 Nr. 11 DSGVO hat eine Einwilligung durch eindeutig bestätigende Handlung der betroffenen Person zu erfolgen. Ergänzend stellt Erwägungsgrund 32 der Datenschutzgrundverordnung eindeutig klar, dass bloßes Stillschweigen, also eine Kenntnisnahme des Hinweisschildes auf die Videoüberwachung, gerade keine Einwilligung darstellt.

Erfüllung des Vertrages

Ebenso wenig greift Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. b) DSGVO als Rechtsgrundlage für die Videoüberwachung. Grundgedanke ist, dass es zu den vertraglichen Pflichten des Fitnessstudios gehöre, die Trainierenden vor Diebstählen und Übergriffen zu schützen. Zwar gibt es durchaus solche Schutzpflichten. Allerdings gehen diese nach Ansicht des Gerichts nicht so weit, dass für die Erfüllung dieser Pflichten eine lückenlose Videoüberwachung nötig wäre. Der Betreiber eines Fitnessstudios muss die Trainierenden nicht vor allen denkbaren Schäden bewahren.

Berechtigte Interessen des Fitnessstudios

Im Ergebnis lehnen das BayLDA und das VG Ansbach auch Art. 6 Abs. 1 S. 1 lit. f) DSGVO als Rechtsgrundlage für die Videoüberwachung ab, wonach eine Datenverarbeitung dann rechtmäßig ist, wenn die Verarbeitung „zur Wahrung der berechtigten Interessen des Verantwortlichen oder eines Dritten erforderlich ist, sofern nicht die Interessen oder Grundrechte und Grundfreiheiten der betroffenen Person, die den Schutz personenbezogener Daten erfordern, überwiegen (…)“.

Zwar ist die Videoüberwachung geeignet, den Zweck (siehe oben) zu erreichen.

Doch scheitert die Rechtsgrundlage am Kriterium der Erforderlichkeit. Diese ist dann nicht gegeben, wenn die verfolgten Ziele mit weniger eingriffsintensiven Mitteln ebenso effektiv erreicht werden können. Es gäbe zahlreiche Möglichkeiten, die Zwecke zu erreichen, ohne dass eine Videoüberwachung der Trainingsflächen notwendig wäre, bspw. die Zurverfügungstellung von zusätzlichen abschließbaren Spinden und Schließfächern. Für mehr Sicherheit für die Trainierenden könnte auch mehr Personal eingesetzt werden. Das Argument des Fitnessstudiobetreibers, dass die Videoüberwachung gegenüber einer Personalaufstockung die wirtschaftlich sinnvollere Alternative sei, reiche nicht aus, um die Erforderlichkeit zu begründen. Ferner sieht das BayLDA keine Notwendigkeit, die gesamte Trainingsfläche zu überwachen.

Darüber hinaus kommt die durchzuführende Interessenabwägung zu dem Ergebnis, dass der Schutz des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung nach Art. 1 Abs.1 GG i.V.m. Art. 2 Abs. 1 GG der Trainierenden das Interesse des Fitnessbetreibers überwiegt. Das Gericht argumentiert, dass der Fitnessstudiobetreiber ausschließlich eigene Interessen und nicht die Interessen der Trainierenden geltend machen kann, da der Betreiber keiner Verpflichtung unterliegt, Gefahren oder Schäden von den Trainierenden abzuwenden. Die Trainierenden haben keine Möglichkeit, ohne Überwachung zu trainieren und dieser damit auszuweichen. Jeder Trainierende, welcher den Trainingsbereich betritt, hält sich im Erfassungsbereich der Kameras auf. Dadurch entsteht ein permanenter flächendeckender Überwachungsdruck für den Trainierenden. Bei dem Trainingsbereich handelt es sich um einen Freizeitbereich, auf welchem sich der Trainierende einen längeren Zeitraum aufhält.

Zu beschränken ist eine Videoüberwachung nach Prüfung im Einzelfall auf eine besonders gefährliche Stelle. Eine besondere Gefährlichkeit liegt dann vor, wenn sich bereits konkrete Vorfälle ereignet haben oder Erfahrungswerte für eine erhöhte Gefährlichkeit sprechen („verlängertes Auge“).

Das Urteil des VG Ansbach ist noch nicht rechtkräftig. Der Kläger hat Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt. Eine finale Entscheidung des Falls bleibt damit abzuwarten.