Unter dem Begriff „AGG-Hopping“ sind Scheinbewerbungen zu verstehen, bei denen es der Person eigentlich darum geht, nach einer Absage eine Entschädigungsklage aufgrund von Diskriminierung anzustreben. Nur wenige Jahre nach dem Inkrafttreten des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes (AGG) wurde ein Anwalt aus München deutschlandweit als „AGG-Hopper“ bekannt, der sich aufgrund seines Alters diskriminiert sah.

Das Geschäftsmodell beim AGG-Hopping besteht darin, Stellenanzeigen nach Verstößen gegen das AGG zu durchforsten, etwa, wenn die ausgeschriebene Position nicht geschlechtsneutral ausgeschrieben wurde (m/w/d) und dann Schadensersatz wegen Diskriminierung nach § 15 AGG zu fordern. Es gibt also kein ernsthaftes Interesse an der ausgeschriebenen Position, wohl aber an der Entschädigung, die sich am Monatsgehalt der Stelle orientiert und schnell mehrere Tausend Euro betragen kann.

AGG-Hopping Revival

Ein aktuelles Beispiel ist der Fall eines Wirtschaftsjuristen. Er bewarb sich auf Stellen, die ausschließlich für Frauen ausgeschrieben waren und forderte Schadensersatz von den Unternehmen.

Ein Unternehmen wollte nicht zahlen, worauf der Wirtschaftsjurist versuchte, Schadensersatz vor dem Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm (Urteil vom 05.12.2023, Az. 6 Sa 896/23) einzuklagen.

Rechtsmissbrauch der Ansprüche aus dem AGG

Das Gericht wies die Klage ab, da es ein rechtsmissbräuchliches Vorgehen in der Bewerbung sah. Es begründete dies auch mit dem Vorbringen des beklagten Unternehmens. Die Beklagte hat den Rechtsmissbrauch u. a. auf die Vielzahl von Verfahren in Bezug auf Diskriminierung wegen des Geschlechts zurückgeführt.

Datenschutz als Strohhalm gezogen

Der Kläger war jedoch der Meinung, dass diese Verfahren nicht in den Prozess eingeführt hätten dürfen, da sie einem datenschutzrechtlichen Verwertungsverbot unterlägen.

Das Gericht gab dem Kläger insoweit recht, als dass die Verwertung von grundrechtswidrig erlangten Beweisen unzulässig sein könnte. Hier sah das Gericht aber keine grundrechtswidrigen Eingriffe.

Recherche, um Rechtsmissbrauch zu beweisen, ist zulässig

Das Gericht entschied, dass die Angaben über das Bewerbungs- und Prozessverhalten des Klägers personenbezogen sind und der Vortrag der Beweise durch die Beklagte eine Datenverarbeitung darstellt. Das Gericht sah aber in Art. 6 Abs. 1 lit. f DSGVO für die Beklagte die rechtmäßige Rechtsgrundlage zur Datenverarbeitung. So habe die Beklagte ein berechtigtes Interesse an der Datenverarbeitung, da sie im Rechtsstreit die Beweise beibringen muss, die auf einen Rechtsmissbrauch des Klägers hindeuten. Die Beklagte habe keine rechtswidrigen Maßnahmen zur Recherche ergriffen. Das Gericht hatte keine Bedenken hinsichtlich der Recherche in allgemein zugänglichen Quellen wie juristischen Datenbanken, in denen die entsprechenden Urteile der Gerichte verzeichnet sind. Das Gericht hat ausdrücklich keine Bedenken, wenn die Beklagte andere Unternehmen kontaktiert hat, um weitere Informationen zu erhalten. Insgesamt musste das Interesse des Klägers an der Nichtverarbeitung seiner Daten daher zurückstehen.

Fazit

Der Fall ist bisher nicht zu Ende. Der Kläger hat Revision beim Bundesarbeitsgericht (BAG) eingelegt (Az. 8 AZR 21/24). Ob sich an der datenschutzrechtlichen Bewertung beim BAG etwas ändert, bleibt abzuwarten.

Tatsächlich ist die Interessenabwägung des LAG Hamm etwas dünn geraten. So muss die Erwartung der betroffenen Person bzw. die Absehbarkeit der Datenverarbeitung und die Beziehung zum Verantwortlichen näher in den Blick genommen werden. Im konkreten Fall ist es von Bedeutung, wie die Gewichtung der Interessen des Verarbeiters und die Intensität der Einschränkung von Grundrechten, Grundrechten oder Grundfreiheiten des Betroffenen zusammenhängen. Dies ist in der Urteilsbegründung etwas zu kurz gekommen.

Ob aber datenschutzrechtliche Aspekte für das BAG ausschlaggebend sein werden, darf bezweifelt werden. In der Vergangenheit hat es sich hier sehr pragmatisch in der Anwendung gezeigt.